Mit dem Brexit gehen dem europäischen Bildungsraum Universitäten von Weltruf verloren. Johannes Dallheimer vom Bundesverband der LHGen will daher die Hochschulen im Post-Brexit Europa stimulieren. Mit einer europäischen Exzellenzinitative. Von Johannes Dallheimer

Johannes Dallheimer (Bild: privat)

Johannes Dallheimer (Bild: privat)

Europa in der Krise. Niemand hatte wohl ernsthaft geglaubt, dass das Vereinigte Königreich wirklich den Brexit wählt, schon alleine weil die Prognosen vor der Wahl immer besser für die Remain-Seite standen. Wohl auch viele Briten hatten, wie sich im Nachhinein herausstellte, ihre Stimme nur deswegen dem Leave-Lager geschenkt, um Cameron und seinen Anhängern eins auszuwischen. Die Folgen war ihnen oftmals nicht klar. Doch was die Briten nun daraus machen, ist ihre Sache, uns Kontinentaleuropäern steht es momentan besser zu Gesicht, den Volkswillen nicht in Frage zu stellen und selber an uns zu arbeiten. Denn Reformen sind dringend nötig.

Auch die Hochschullandschaft ist direkt vom Brexit betroffen. Ein Vertrag wie das Erasmus-Programm muss erst ausgearbeitet werden, in welcher Höhe Austauschwilligen bis dahin Studiengebühren zahlen müssen, ist unklar. Desweiteren muss sich die Forschung umstellen, Projekte zwischen britischen und EU-Universitäten liegen vorerst auf Eis,innerhalb Großbritannien sind sie demnächst vom Horizon-Fördertopf ausgeschlossen. Ein harter Schlag ins Gesicht der Wissenschaft und des Fortschritts, der hier erstmal ausgebremst wird.

Doch durch den Brexit wird uns auch erst das Ungleichgewicht in der europäischen Hochschullandschaft klar. In verschiedensten Rankings stehen die schweizerischen und britischen Universitäten ganz weit oben, Frankreich, Deutschland und die Niederlande ziehen mühsam nach. Wir verlieren also mit Großbritannien auch Spitzenuniversitäten innerhalb des EU-Raums. Da wird es Zeit, dass wir uns Gedanken darüber machen, wie wir es schaffen, exzellente Universitäten in ganz Europa aufzubauen – auch um uns krisenfest zu machen. Der erste Schritt wäre, die Standards anzugleichen, denn die EU übernimmt in der Hochschulpolitik außer mit der Bologna-Reform kaum Verantwortung für ihre Studierenden.

In diesem Kontext könnte man hierbei zum Beispiel über eine ausgebaute Exzellenzstrategie nachdenken, wie wir sie in Deutschland haben, nur aus EU-Töpfen, die auch für die Lehre gilt. Das Horizon-Programm für Forschungsprojekte könnte darin problemlos integriert werden. Und wer sagt eigentlich, dass Studierende nur dann Geld bekommen sollten, wenn sie am Erasmus-Programm teilnehmen? Ähnlich wie das Deutschlandstipendium wäre ein Europastipendium möglich, das aus Wirtschafts- und EU-Töpfen leistungsstarke Studierende fördert und den Kontakt zu multinationalen Unternehmen herstellt.

Wir stehen vor vielen, vor allem neuen Aufgaben. Der Spruch, für viele zur Phrase verkommen, „Stronger together“, ist dennoch richtig. Nur zusammen schaffen wir es, die EU und damit auch die Forschung und Wissenschaft zukunftssicher zu machen, Ideen auszutauschen und Ressourcen zu teilen, um Projekten zum Erfolg zu verhelfen. Eine Ausgrenzung Großbritannien ist da der falsche Weg. Der Brexit muss uns ein Warnschuss sein. Noch ist es nicht zu spät.


Die hier veröffentlichte Meinung spiegelt nicht unbedingt die Beschlusslage der LHG Nordrhein-Westfalens wider. Die Redaktion stellt den Autoren frei, welche Form der geschlechtergerechten Sprache sie verwenden möchten. (Red.)


Zur Person

Johannes Dallheimer ist Vorsitzende des Bundesverbandes Liberaler Hochschulgruppen. Er studiert Wirtschaftswissenschaften an der Universität Nürnberg.